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Die große Freiheit

Da sind wir wieder und berichten von unserem nächsten Höhepunkt. Ein langersehnter Traum soll sich nun erfüllen. Wir möchten mit einem CamperVan die große Freiheit erspüren. Einfach stehen bleiben, wo es uns gefällt, mal direkt an der Küste oder im Gebirge an einem besonderen Platz, … eins zu sein mit der Natur! Und wenn es einem hier nicht mehr gefällt, kann man einfach mit allen Siebensachen weiterfahren. Das muss wirklich toll sein!

Da wir an das Fahren auf der „falschen“ Seite inzwischen gewöhnt sind, freuen wir uns nun auf unseren reservierten CamperVan von „Apollo“! Er darf gerne auch schon ein paar Gebrauchsspuren aufweisen, denn wir wollen ihn ja nicht wie ein rohes Ei behandeln.

Doch es kommt anders.  Auf uns wartet ein fast nagelneuer CamperVan mit einem Kilometerstand von gerade einmal 5920 km! Was für ein Kontrast zu unserer „Schrottkarre“!

Na gut, es gibt Schlimmeres, los geht’s!

 

 

Wir verlassen Christchurch in Richtung Westen, bis die Canterbury Plains auf die südlichen Alpen treffen. Nun folgenden wir der „Inland Scenic Route“.

Für die erste Nacht finden wir einen großzügigen, wunderschönen Campingplatz, den  „Peel Forest Camp“ in einem ausgedehnten Waldgebiet. Die Auswahl an freien Stellplätzen ist so groß, dass wir erst einmal mit der Platzwahl überfordert sind. Wo ist der beste Platz, wie stellen wir den CamperVan hin, wird das Stromkabel bis zum Anschluss reichen, wo bauen wir Tisch und Stühle auf… Alles ist neu und spannend für uns.

 

Wie der Name schon vermuten lässt, eignet sind der Ort fantastisch zum Wandern und wir nutzen die Gelegenheit noch am Nachmittag ausgiebig.
Vom „Acland Falls Trak“ über den „Te Wanahu Flat“ zum „Kahikatea Walk“ und dann den „Clare Flat“ bis zum Campingplatz zurück. (klingt gewaltig :-))
Der erste Teil führt durch Regenwald. Mit Moos bewachsene Bäume und Baumfarne zeugen von ständiger Feuchtigkeit und vereinzelt überbrücken Stege oder Brücken die unzugänglichen Bereiche.

Im zweiten Teil laufen wir durch Steineibenwald, passieren einen kleinen See mit einer reichen Vogelwelt und finden Reste der frühen europäischen Besiedelung.

Zum Schlafen haben wir zwei Möglichkeiten, entweder wir bauen das Lager oben über den Sitzen und der Küchenzeile, wobei die Bewegungsfreiheit schon sehr eingeschränkt sowie der Auf- und Abstieg ziemlich beschwerlich ist, oder wir nehmen die Tischplatte sowie eine weitere dafür vorgesehene Holzplatte zwischen die beiden Sitzbänke und bauen darauf das Bett auf. Wir entscheiden uns zuerst einmal für die erste Variante, denn so kann einer noch am Tisch etwas schreiben, während der andere bereits schlafen kann.

Am nächsten Tag wachen wir gut erholt auf und erfreuen uns am jungen Morgen an Mutter Natur! Gefrühstückt wird natürlich draußen, begleitet vom Vogelgesang der Bellbirds und co.

Nach dem Frühstück ziehen wir mit allen „Siebensachen“ weiter. Wir überqueren den wilden „Rangitata River“ um hinter dem „Burkes Pass“ plötzlich ein völlig verändertes Landschaftsbild anzutreffen, von sattgrünen Weideflächen hat sich die Landschaft in trockene Tussock Steppe gewandelt: Wir betreten die „Mackenzie Country“ – Region.

Hier liegen sowohl einige von Gletschern gespeiste türkisfarbene Seen und man erreicht den Mount Cook Nationalpark.

Der „Lake Tekapo“ ist der höchstgelegene See eines gigantischen Systems von Stauseen mit Wasserkraftwerken, die zusammen 25 Prozent des neuseeländischen Strombedarfs erzeugen!

 

Hier besichtigen wir die älteste Kirche der Gegend, die „Steinkapelle zum guten Hirten“. Anstelle eines Altars verfügt die Kirche über ein breites Fenster, vor welchem ein schlichtes Holzkreuz steht. Der Blick der Kirchgänger kann so über den Lake Tekapo bis zum Mount Cook schweifen.

Natürlich lassen wir uns nicht die Wanderung zum „Mount John Lookout“ entgehen. Der Aufstieg wird mit einem schönen Blick über den See belohnt. Außerdem befindet sich hier ein astronomisches Observatorium der Universität Canterbury. Im Jahre 2008 wurde hier der bis dato kleinste bekannte extrasolare Planet entdeckt.

 

Der Aoraki Mount Cook Nationalpark wurde 1986 zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt. Seine Majestät „Mount Cook“ oder „Aoraki“ (Wolkendurchbrecher, wie ihn die Maori nennen) überragt mit 3754 Metern die anderen 22 Dreitausender, die nordöstlich in der Region liegen!

 

 

Wir genießen seinen Anblick auf einer dreistündigen Wanderung , dem „Hooker Valley Track“. Dieser  Weg führt an einem Gletscherfluss entlang, am malerischen „Muller Lake“ vorbei und über drei Hängebrücken bis zum „Hooker
Lake“.

Besonders beeindruckend sind auch die verschiedenen Gletscherzungen, die von einigen Bergen in Sichtweite herunter kommen.

 

Am Nachmittag erreichen wir bereits wieder die Ostküste und stellen unseren CamperVan auf dem „Harbour Touristik Park“ in Oamaru für die Nacht auf. Hier lockt eine weitere Attraktion. Am Abend kommen Zwergpinguine aus dem Meer an Land, um ihre Schlafplätze aufzusuchen und die Jungtiere zu füttern. Im Bereich des Hafens, können wir sie bei Einbruch der Dunkelheit schön beobachten! Was für ein Erlebnis. Sie sind recht klein und watscheln ganz putzig über Straßen und sogar über unseren Campingplatz!

Inzwischen sind wir zum Schlafen auf den unteren Schlafplatz gezogen.Die Pritsche oben fühlte sich in der zweiten Nacht, wie das Liegen in einer Sardinenbüchse an!

Nach den spannenden nächtlichen Tierbeobachtungen, von denen es leider kaum brauchbare Aufnahmen gibt, nehmen wir uns am nächsten vor, die Stadt Oamaru anzusehen. Sie war Ende des 19. Jahrhunderts eine der schönsten und finanzstärksten Städte Australasiens. Vor allem im Stadtviertel „Historic Precinct“ können wir das architektonische Erbe dieser Zeit bewundern. Eine sehr schöne und sehenswerte Stadt.

Danach verlassen wir Oamaru, folgen der Küstenlinie in Richtung Süden bis Moeraki. Bei Ebbe kann man hier zahlreiche verschieden große runde Gesteinskugeln im Sandstrand besichtigen, die „Moeraki Boulders“. Sie haben sich in einem 65 Millionen Jahre währenden Prozess im Meeresboden gebildet und wurden vor etwa 15 Millionen Jahren aus dem Meer heraus gehoben! Kaum vorstellbar, einfach irre!

Von Moeraki Beach aus laufen wir den „Millenium Moeraki Walk“ ab, ein wunderschöner Weg entlang der Küstenlinie, mit einem Aufstieg zur Steilküste. Von oben können wir in manchen Buchten Robben erkennen, die auf den Felsen dösen und ab und zu sich mit ihren Flossen lästige Fliegen vom Pelz halten.

Ganz in der Nähe befindet sich ein weiterer  besonders schöner Weg,  der „Wildlife Walk“. Dieser beginnt am „Karaki Point Lighthouse“. Neben zahlreichen Seebären entdecken wir hier auch drei Gelbaugenpinguine! Was für ein Glück! Etwas getrübt wird es allerdings von einem Sturz, mit dem Thomas den Weg ausmisst. Ein 10 cm hoher  Eisennagel ragte mitten im Wanderweg aus der Erde heraus und bei der Suche nach dem nächsten Fotomotiv hat er diese Stolperfalle übersehen. Eine total verdreckte Schürfwunde am Ellenbogen ist das Ergebnis. Aber wenigstens  konnte so die Kamera gerettet werden :-).

An diesem Tag suchen wir uns in Dunedin, einer in schottischer Tradition geprägten Stadt mit ca. 119000 Einwohnern, im Kiwi Holiday Park eine Übernachtungsmöglichkeit und bleiben hier zwei Nächte.

Zum Stadtgebiet von Dunedin gehört die „Otago Peninsula“, eine Halbinsel, die den „Otago Harbour“ bildet. Die Steilküste an der Spitze dieser Landzunge ist das Zuhause einer Brutkollonie Königsalbatrosse.
Hier gelingt es uns diese „Könige der Lüfte“ während ihres eleganten Fluges ausgiebig zu beobachten! Wirklich beeindruckend, wie sie die Thermik für sich nutzen und mit ihren bis zu drei Meter Spannweite breiten Flügeln ohne Mühe über weite Strecken segeln!

Nach diesem beeindruckenden Erlebnis können wir es gut verschmerzen, dass unser zweites Ziel auf der „Otago Peninsula“, der Rundweg um den „Sandmount Pikiwhara“ nicht in unsere „Top Ten – Liste“  der Wanderwege aufgenommen wird. Von der „Sandfly Bay“, laufen wir eine etwa 300 Meter hohe Sanddüne hinauf. Der Wind pfeift uns um die Ohren und jeder Schritt versinkt wieder einen halben nach unten. Anfangs macht uns das nicht viel aus, denn oben erwartet uns ja eine faszinierende Sicht und ein Rundweg um den begrünten Sandberg. Tapfer kämpfen wir uns Meter um Meter nach oben und freuen uns, es dann auch geschafft zu haben. Der Blick zurück aufs Meer ist durchaus sehenswert. Doch der weitere Verlauf des Weges ist eigentlich nur noch ein verwilderter, kaum begangener Pfad, auf dem wir uns die Waden an Disteln und anderem Gestrüpp wund reiben und die Sicht auf den Ozean wird durch zwei Meter hohe Neuseeländische Flachsgewächse vollkommen verdeckt! Mag sein, dass dies mal ein schöner Buschweg gewesen ist, aber er hat seine besten Jahre definitiv hinter sich gelassen… Eine kleine Entschädigung ist der Rückweg, denn wir rennen springend die Düne hinunter und haben echt Spaß dabei.

Bevor wir uns einem neuen Kapitel unserer Tour durch die Südinsel Neuseelands widmen, schauen wir uns noch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Dunedin’s an. Besonders eindrucksvoll fanden wir den 1906 eröffneten Bahnhof mit seiner imposanten weiß-schwarzen Kalksteinfassade. Auch im Inneren des Bahnhofs erfreuen ein Fußbodenmosaik, herrliche Keramikfliesen und Bundglasfenster den Betrachter.

Wie ist das nun mit der „großen Freiheit“, die wir mit dem CamperVan erleben wollen? Es gibt so einige Faktoren, die die „große Freiheit“ zu einer „kleinen Freiheit“ zusammen schmelzen lassen. Einen wichtigen Anteil daran hat die von uns gewählte Ausstattung. Da wir weder über einen Abwassertank noch über eine Toilette verfügen, sind wir auf ausgewiesene Stellplätze angewiesen, die mindestens mit Wasser und WC ausgestattet sind.
Vor 10 Jahren war das in Neuseeland noch nicht reglementiert, nur damals waren auch noch viel weniger Touristen unterwegs.  Die Verschmutzung wurde ein zunehmendes Problem.
So suchen wir uns also die gewünschten Camping- oder Caravan-Stellplätze an unserer Route heraus und buchen sie meist einen Tag im Voraus, weil wir es auch schon erlebt haben, dass kein Stellplatz mehr frei war.

Was bleibt ist die Nähe zur Natur, das unkomplizierte Weiterfahren mit Sack und Pack und so ein Wir-Gefühl, wenn man sich mit anderen Wohnmobil-Reisenden unterhält. Man tauscht Erfahrungen aus, hilft sich untereinander und trifft sich immer mal wieder an anderer Stelle.

Uns macht es sehr viel Spaß, auf diese Art und Weise das Land zu erkunden.
Freut euch an dieser Stelle schon auf den nächsten Bericht über unsere Erlebnisse entlang der Southern Scenic Route durch die wildromantischen Catlins.

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